Quomodo Blog

… weil es fast wie Lappland ist?! Obwohl ich auch den Rest von Schottland wunderschön finde und es liebe, Burgen und Schlösser anzuschauen, ist mir ein Fleckchen besonders in Erinnerung geblieben, der irgendwie so gar nicht wie der Rest des Landes war… Wusstet ihr, dass es in Schottland Rentiere gibt? (Vorsicht, süß!)

Unser Tag begann mit einem schönen Frühstück im Freien, direkt vor unserer Schlaftonne. Das erste Ziel des Tages war der Scone Palace, Krönungsort aller schottischen Könige und Königinnen. Inmitten einer riesigen Parkanlage, die verschiedene Gärten, ein Labyrinth und freilaufende Hochlandrinder und Pfaue beherbergt, befindet sich eine langgestreckte Wohnanlage (Sitz der Grafen von Mansfield) und das, was Scone so geschichtsträchtig macht: der Moot Hill (vom gälischen Tom-a-mhoid), auf dem der Stone of Scone (auch Stone of Destiny) aufbewahrt wurde, auf dem die schottischen Könige gekrönt wurden. Heute steht dort eine Nachbildung, das Original befindet sich seit 1995 wieder in der schottischen Heimat, im Edinburgh Castle. Im Inneren des Palace gibt es einiges zu sehen (Antiquitäten, Möbel, Bücher, ….), aber ich fand vor allem die Parkanlage sehr schön: Liebevoll angelegt (wie ja jeder englische Garten), aber trotzdem nicht zu streng sondern wild gehalten.

Schottland Rentiere
Schottland Rentiere

Nach einem kurzen Zwischenstopp an der Lachstreppe im touristischen Städtchen Pitlochry ging es auf der A9 weiter nach Norden, immer mit dem Blick auf die östlich gelegenen Cairngorms mit ihren braun-grünen Heidehängen. Kurz vor Aviemore fuhren wir dann Richtung Osten, mitten durch den Wald immer weiter ins wunderschöne Nichts. In der Ferne sahen wir schon den schneebedeckten Gipfel des Mt. Cairn Gorm, dem wir uns stetig näherten.

Gleich hinter einem riesigen See (Loch Morlich), in dem sich die Bergkette spiegelte, befand sich der Ausgangspunkt unserer Wanderung: das Cairngorm Reindeer Centre. Bei der Planung zu Hause war ich durch Zufall darauf gestoßen, dass es hier ein Rentierzentrum gibt, das außerdem Wanderungen zur Herde anbietet. Da es in Lappland ja eher Zufall ist, ob diese kuschligen Zeitgenossen einem über den Weg laufen und mein letzter Besuch im Norden schon zu lange her war, wollte ich unbedingt an so einer Wanderung teilnehmen.

Ursprünglich gab es in dieser Gegend bereits Rentiere, die aber vor etwa 10.000 Jahren ausgestorben sind. Als der Same Mikel Utsi in den 1960er Jahren in diese Gegend kam und feststellte, dass das Gebiet der Cairngorms inmitten der schottischen Grampian Mountains landschaftlich und klimatisch große Ähnlichkeit mit seiner Heimat (dem Fjäll in Lappland) hat und damit wie gemacht ist für Rentiere, wilderte er etwa 30 Tiere dort aus. Heute leben hier wieder über 150 Tiere, frisches Blut kommt regelmäßig aus Lappland dazu.

Der Ausflug zur Herde kostet £13 pro Nase (£7 für Kinder), hat sich für uns aber wirklich gelohnt. Vorher kann man sich noch eine Ausstellung anschauen und ein bisschen was lernen, aber man kann sich dann natürlich auch einfach alles erzählen lassen. Die ersten Kilometer hinauf in die Berge legt man noch mit dem Auto zurück, bevor es zu Fuß (festes Schuhwerk ist hilfreich!) hinauf auf die Sommerweiden geht.

Wir waren Anfang Juni dort und zu genau dieser Zeit gibt es den knuddeligen und so süßen Nachwuchs zu bestaunen. Die kleinen waren zwar sehr scheu und noch etwas tapsig, tobten aber trotzdem schon ausgelassen über die Wiesen. Die Mütter mit Nachwuchs waren noch allerdings getrennt vom Rest der Herde. Dorthin (und zum Futterplatz) ging es über Holzplanken und schnell reihten sich die Rentiere in den menschlichen Gänsemarsch ein. Aus Beuteln wurde Futter verteilt, so dass auch wirklich jeder die Chance bekam, einmal eine Rentierzunge auf seiner Hand zu spüren 🙂 Die meisten Rentiere verzogen sich nach dem Fressen wieder auf den Berg, aber einige blieben und die konnten dann mithilfe einiger Bestechungs-Haferflocken ausführlich gestreichelt werden. Währenddessen erzählte uns die Wanderführerin Geschichten und Wissenswertes und beantwortete Fragen.

Schottland Rentiere
Schottland Rentiere
Schottland Rentiere

Leider mussten wir uns irgendwann doch wieder auf den Rückweg machen… Diesmal liefen wir ohne tierische Begleitung (die Beutel waren ja auch leer) wieder gen Tal. Als wir das Nachwuchsgehege passierten, rannte plötzlich eines der kleinen Kälbchen auf mich zu und stupste mir seine feuchte Nase ins Gesicht. Am liebsten hätte ich es sofort mitgenommen 🙂

Schottland Rentiere

Glenmore Campsite

Hinterher war ich so mitgenommen vom Rentier-Knuddeln (natürlich im positiven Sinne) und fasziniert von der Landschaft, dass wir entgegen unserem Plan noch bis Inverness zu fahren, einfach blieben und auf dem Zeltplatz Glenmore unser Zelt aufbauten. Die Aussicht war gewaltig (die schneebedeckten Kuppen des Mt. Cairn Gorm schimmerten wundervoll in der Abendsonne) und in nur wenigen Minuten erreichte man Loch Morlich mit einem tollen Sandstrand in den man trotz kühler Temperaturen seine Zehen buddeln konnte. Der Campingplatz war kaum besucht und genau das richtige, um ein paar einsame Stunden in der Natur zu verbringen.

Der Campingplatz gehört zu einer Gruppe Plätze, die von „Camping in the Forest“ verwaltet werden. Es gibt insgesamt 16 davon in ganz Großbritannien, 3 davon befinden sich in Schottland. Die Ausstattung in Glenmore war hervorragend und bei meiner nächsten Schottland-Reise werde ich bestimmt auch wieder einen dieser Plätze ansteuern.

Schottland Rentiere

Schottland Rentiere


Mit diesem Blogpost nehme ich an der Blogparade von „travelstory.ch“ teil: Mein Schottland.


Avatar by Tine Jul 18, 2016 Views:10823 Share:
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